Ein Krimi wie ein Pulverfass – Gastbeitrag von Matthias Wittekindt & Rainer Wittkamp

Der neue Kriminalroman „Mord im Balkanexpress“ von Matthias Wittekindt und Rainer Wittkamp nimmt uns mit auf eine Reise durch die prachtvolle und spannungsgeladene Welt des Fin de Siècle zwischen Berlin, Wien und Belgrad. In ihrem Gastbeitrag geben die Autoren Einblicke in das Leben der ProtagonistInnen Prinz Albrecht von Schwarzburg-Rudolstadt und Christine Mayberger, die in einer explosiven Zeit leben …

Eine Reise in eine vergangene Zeit

Das Zeitalter der Dynamitarden

1895. Noch knapp zwanzig Jahre bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs.
Noch knapp fünfundzwanzig Jahre bis zur Entmachtung der großen Herrscherhäuser Europas.
Ist von diesen kommenden Umwälzungen schon etwas zu spüren? Gab es so etwas wie ein Vorbeben? Vielleicht sogar mehrere?
Auf den ersten Blick zeigt sich die Welt der Habsburger und Hohenzollern im Fin de Siècle noch recht erbaulich. Wien ist die Hauptstadt eines Weltreichs. Zu dem Zeitpunkt, an dem unsere Geschichte dort beginnt, feiert man gerade die Einsetzung des neuen Burgtheaterintendanten.

Auch die beiden Hauptfiguren dieses Abenteuers gehören einer Schicht an, die man heute als High Society bezeichnen würde. Albrecht Prinz von Schwarzburg-Rudolstadt genießt als Cousin des deutschen Kaisers etliche Privilegien. Zwar arbeitet er für den gerade erst installierten preußischen Geheimdienst, doch genauso wichtig sind für ihn seine diversen gesellschaftlichen Verpflichtungen.
Albrechts Geliebte, Christine Mayberger, kann auf keinen derartigen Stammbaum verweisen. Ihr Vater, ein Gründerzeitfabrikant, musste vor einigen Jahren Bankrott anmelden. So war sie auf ihr Talent angewiesen, um nach oben zu kommen.
Inzwischen ist Christine Mayberger ein gefeierter Star, nicht nur am Wiener Burgtheater. Sie kommt herum, pendelt zwischen den Welten, hört mehr als andere.
Aber in Christine Mayberger schwelt ein Zorn. Ein Zorn, der sich für eine Dame der Belle Époque eigentlich nicht gehört. Oder vielleicht doch?

Keine betuliche Zeit

Das Fin de Siècle war keine betuliche Zeit. Nicht nur die Entwicklung von Technik, Waffen und Massenvernichtungsmitteln machte sprunghafte Fortschritte, auch das Verhältnis zwischen Männern und Frauen begann sich zu verändern. Schauspielerinnen galten nicht mehr, wie noch wenige Jahre zuvor, als bessere Prostituierte.
Auch die Moderne in Psychologie, Kunst, Literatur, Musik und Architektur, die sich nach dem Zweiten Weltkrieg mit aller Macht durchsetzen wird, errichtet in diesen Jahren die ersten Grundpfeiler.
Das alles steht im krassen Widerspruch zur zunehmenden Militarisierung der Gesellschaft und einem überzogenen Nationalismus in Europa.

Was Albrecht und Christine eint, ist ihr Gespür, dass im Habsburgerreich nicht alles so kommod läuft, wie es sich der Oberschicht aus Adeligen, Militärs und Bankiers darstellt. Auf dem Balkan rumort es, in Serbien entstehen separatistische Bestrebungen.
Eine Welle terroristischer Anschläge rollt Ende des 19. Jahrhunderts über Europa hinweg. Die Erfindung des Dynamits verschafft nämlich nicht nur den Tunnelbauern, sondern auch politischen Umstürzlern ungeahnte Möglichkeiten. Das Sprengmittel ist eine gefürchtete Waffe. Überall erheben sich die Dynamitarden gegen die Mächtigen.

Showdown im Zug

Es formieren sich Zellen von … Wie soll man sie nennen? Anarchisten? Freiheitskämpfer? Nationalistische Separatisten? Oder gar Terroristen? Diese Männer und Frauen setzen sich mit Leib und Seele für ihre Sache ein. Notfalls binden sie sich die Sprengstoffgürtel um den eigenen Leib. Tausende von Bombenattentaten werden verübt. Später wird man die letzten Jahre des 19. Jahrhunderts als das Jahrzehnt der Dynamitarden bezeichnen.
Was diese Gruppierungen eint, ist der Mangel an Geld. Und so lassen sich manche auf einen Pakt mit dem Teufel ein. Das Geld kommt dann aus Kreisen, die alles andere im Sinn haben als eine Befreiung der Arbeiterklasse oder eine Welt ohne Herrschaft und Unterdrückung.

Unter Spannung

Die Weltmacht Österreich-Ungarn steht also unter großen sozialen und politischen Spannungen. Da spielt das noch nicht lange geeinte Deutsche Reich ebenso eine Rolle wie das zaristische Russland und das – noch – um Ausgleich bemühte Großbritannien. Auch die Türken verfolgen ihre Interessen auf dem Balkan, den sie zu ihrem Herrschaftsgebiet rechnen.

Was für ein Kontrast: Auf der einen Seite das Flair der Belle Époque, eine prickelnde Liaison zwischen Albrecht und Christine, Prunk und Glorie einer Monarchie … auf der anderen Seite die Schilderung der ärmlichen Verhältnisse, in denen die Anarchisten leben.
„Ein Pulverfass“, dieser Begriff wird später für den Zustand gewählt in dem sich Europa damals befand.
Diplomatische Virtuosen wie Bismarck haben das schlingernde Schiff längst verlassen, das Militär avanciert mehr und mehr zum politischen Ratgeber.
Dass sich ein Sturm ankündigt, wird verdrängt. Rauschende Bälle werden gefeiert, Militärs und Fabrikanten in den Adelsstand erhoben. Noch scheinen alle Großmächte abzuwarten.

Das ist das Tableau auf dem sich unsere Geschichte entwickelt. Christine Mayberger und Albrecht Prinz von Schwarzburg-Rudolstadt werden in Ereignisse hineingerissen, deren Tragweite sie Anfangs noch gar nicht überblicken. Die Entscheidung fällt schließlich in Belgrad.
1895 kommt es noch nicht zu der großen Katastrophe, die dann ganz Europa in einen Abgrund reißt. Das heute so gerne glorifizierte Fin de Siècle hat also noch ein paar ereignisvolle Jahre vor sich. Aber die Herrscherhäuser, Diplomaten und Führer der Großmächte agieren zunehmend mit einer Ungeschicklichkeit und Arroganz, die Historiker noch heute verblüfft.

Die Geschichte ist mit diesem Buch also noch längst nicht zu Ende erzählt.

Eine Welle terroristischer Anschläge rollt Ende des 19. Jahrhunderts über Europa hinweg. Die Erfindung des Dynamits verschafft nämlich nicht nur den Tunnelbauern, sondern auch politischen Umstürzlern ungeahnte Möglichkeiten. Das Sprengmittel ist eine gefürchtete Waffe. Überall erheben sich die Dynamitarden gegen die Mächtigen.

 

 

 

Kommt mit auf eine furiose Reise in die Zeit der Jahrhundertwende und lasst euch von Matthias Wittekindt & Rainer Wittkamp in ihrem neuen Kriminalroman „Mord im Balkanexpress” in eine spannende Epoche entführen – zwischen Glanz und Elend, Monarchen und Anarchisten, Militärs und Geheimbünden!