Kategorie: Krimi

Wenn der Geldsegen zum Fluch wird

In Herbert Dutzlers Kriminalroman wird der Traum vom großen Geld zum Alptraum

Mit einem Lottogewinn wären alle Sorgen wie weggeblasen. So stellen es sich viele vor, die regelmäßig ihre Kreuzerl auf den Gewinnschein malen. Doch Herbert Dutzlers Kriminalroman zeigt, dass mit dem großen Geld auch die großen Probleme beginnen – und dass sich im Angesicht des Reichtums so manch ein Abgrund auftut.

(c) Gisela Barrett: Herbert Dutzler, Autor der erfolgreichen Serie um Kult-Ermittler Gasperlmaier, hat einen Kriminalroman geschrieben, der jetzt auch als Taschenbuch erhältlich ist.

Geschichten, die das Glückspiel schreibt

Man kennt sie, die skurrilen Lottoschicksale, wo der Hauptgewinn am Ende alles andere als Glück gebracht hat, etwa die Geschichte des Lottogewinners, der 1955 das Schild „Wegen Reichtums geschlossen“ an sein Hotel hängte, später aber völlig verarmt im Obdachlosenasyl endete. Oder die von Lotto-Lothar, der mit zahlreichen Exzessen seine Gesundheit ruinierte und nach wenigen Jahren an den Folgen des Alkholkonsums verstarb. 1997 tötete ein Lottogewinner einen Mann, weil er völlig paranoid annahm, seine Exfrau habe einen Auftragsmörder geschickt. Und ein Gewinner aus Chicago starb am Tag nach der Gewinnauszahlung plötzlich und vollkommen überraschend – die Untersuchung ergab eine Vergiftung mit Blausäure.

Die Geschichten von den vielen, die ihr Geld schnell auf den Kopf gehauen haben und bald mit leeren Taschen dastanden – häufig sogar ärmer als vor dem Gewinn –, wirken im Vergleich zu den Schicksalen der Lotto-Lothars dieser Welt beinahe harmlos.

Plötzlich reich – und was nun?

Wenn der Wunsch nach Reichtum wahr wird, obwohl die Chancen darauf etwa eins zu acht Millionen stehen, reagieren die Menschen unterschiedlich: Manche verlieren die Bodenhaftung, kaufen sich teure Luxusgüter und leben über ihre Verhältnisse. Und stehen dann unerwartet vor Schwierigkeiten und Sorgen, an die sie zunächst nicht gedacht haben. Ein Problem, das kaum jemand bedenkt, wenn er sich das neue Millionärsleben ausmalt: die Heimlichkeit. Denn den Freunden oder gar der Öffentlichkeit von dem Gewinn zu erzählen, ruft Neider und Bittsteller auf den Plan und kann Sozialkontakte zerstören. Und dann gerät alles noch schneller außer Kontrolle. Aber: Heimlichkeit ist schwierig. Denn wie erklärt man dem Umfeld, dass man sich plötzlich Dinge leisten kann, von denen man vorher nur geträumt hat? Also heißt es: Ruhe bewahren. Nachdenken. Keine überstürzten Investitionen. Möglichst lange vom Glücksfall zehren.

Dutzlers Kriminalroman: ein mörderischer Hauptgewinn

In seinem Kriminalroman „Die Einsamkeit des Bösen“ greift Herbert Dutzler dieses Thema auf. Hauptfigur Alexandra lebt mit ihrem Mann Anton und den beiden gemeinsamen Kindern recht zufrieden in Österreich und alles scheint in Ordnung – bis Anton in der Lotterie gewinnt. Fast augenblicklich scheint er sich zu verändern: Die Anweisungen der Beraterin von der Lotterie sind ihm völlig egal, er kauft ein neues Auto, macht den Kindern teure Geschenke und wird Alexandra von Tag zu Tag fremder. Sie selbst fühlt sich zunehmend einsam.

Nichts ist mehr, wie es wahr – und die Fassade beginnt zu bröckeln. Aus den Tiefen von Alexandras Seele drängen tragische Erfahrungen nach oben, von damals, als das kleine Mädchen Alexandra ebenfalls einsam war, als Vater und Bruder sie misshandelten und niemand ihr half. Bis sie sich schließlich selbst zu helfen wusste.

Eine Welt gerät aus den Fugen

Alexandra wird immer verzweifelter, alles scheint ihr zu entgleiten. Die Kinder verlangen plötzlich nach Luxusgütern, die Freunde verhalten sich seltsam, nachdem Alexandra zumindest von einem Teil des Gewinns erzählt hat, und ihr Mann hat ganz offenkundig Geheimnisse vor ihr – Alexandra vermutet eine Affäre.

Und plötzlich rührt sich in ihre das kleine Mädchen von damals, ein zorniges, trauriges Kind, das dem Bösen ins Auge geblickt hat. Und das endlich selbst über sein Leben entscheiden will …

Mehr Infos zu Buch und Autor gibt es hier!

Sehnsuchtsort Griechenland: vier Fragen an Edith Kneifl

Schatten im Paradies: Intrigen, illegale Geschäfte und tödliche Geheimnisse! In Edith Kneifls neuem Kriminalroman gibt es einen Protagonisten, der sich von ganz verschiedenen Seiten zeigt: Griechenland. Wir alle kennen die schönen Küsten, das azurblaue Meer und die sagenhaften Sandstrände: eine Kombination, die jedes Touristenherz höherschlagen lässt. Wer nach Griechenland reist, der schnuppert den betörenden Hauch der Antike. Bemerkenswerte Architektur, Spaziergänge unter bezaubernden Olivenbäumen und kulinarische Köstlichkeiten machen jede Griechenland-Reise zu einer unvergesslichen Erfahrung! Doch hinter der Urlaubsidylle lauern Abgründe, und die kennt eine ganz besonders gut: Edith Kneifl.

Edith Kneifl hat einige Zeit in Griechenland gelebt.

Sehnsuchtsort Griechenland – warum hast du diesen Schauplatz gewählt? Hast du einen persönlichen Bezug zu diesem Land?

Als ich mit 19 nach Wien kam, um hier Ethnologie und Psychologie zu studieren, lernte ich auf der Uni eine griechische Studentin kennen, die in Wien im Exil lebte. Sie und ihr Mann waren vor der faschistischen Junta in Griechenland geflüchtet. Nachdem das griechische Volk 1974 die Junta verjagt hatte, fuhr ich zum ersten Mal gemeinsam mit meinen Freunden nach Griechenland und wurde dort von ihren Familien sehr herzlich aufgenommen. Die Eltern meiner Freundin waren Partisanen, hatten ihr Leben lang gegen die Faschisten gekämpft, zuerst gegen die Italiener, die Deutschen und Österreicher, anschließend im griechischen Bürgerkrieg und zuletzt während der Herrschaft der Junta gegen die griechischen Faschisten. Athinas Vater war insgesamt mindestens 10 Jahre im Gefängnis und in Verbannung, u. a. auch auf der Todesinsel Makronissos, die ich in meinem Roman öfters erwähne. Ich verliebte mich übrigens damals in einen Cousin meiner Freundin, einen radikalen Studentenführer, der aussah wie Jesus Christus und tatsächlich Christos hieß. Die Beziehung hielt immerhin 3 Jahre, ein Jahr lang lebte ich bei ihm in Thessaloniki. Der alte Besitzer einer Souvlaki-Bude (ein alter Kommunist) brachte mir Griechisch bei. Ich leistete ihm jeden Vormittag auf einem Barhocker vor seinem winzigen Lokal Gesellschaft, während mein Freund auf der Uni die Welt zu retten versuchte.

Griechenland ist ein Land der Kontraste, Idylle steht düsteren Seiten gegenüber. Inwiefern ist gerade das interessant als Hintergrund für einen Kriminalroman?

Die düsteren Kapitel dieses wunderschönen Landes habe ich ja zum Teil bereits angesprochen, nicht zu vergessen auch das große Leid der Bevölkerung während der jahrhundertelangen osmanischen Herrschaft. Auch in der Gegenwart sieht die Lage in Griechenland nicht unbedingt rosig aus. Man denke an die große Finanzkrise der letzten Jahre. Dennoch ist Griechenland eines der schönsten Urlaubsländer der Welt – zumindest für mich. Während meiner zahlreichen Aufenthalte auf den griechischen Inseln hörte ich immer wieder von Bauspekulationen, Immobilienhaien, Großinvestoren und korrupten Politikern. Auch die verheerenden Zustände in den Flüchtlingslagern auf den Inseln Samos, Lesbos und Chios ließen mich nicht kalt. Da die Liebe in allen meinen Kriminalromanen immer eine große Rolle spielt, fiel es mir nicht schwer, eine eher außergewöhnliche Liebesgeschichte mit diesen kriminellen Machenschaften in der Bau- und Tourismusbranche zu verbinden. Es hat mir großen Spaß gemacht, einige fatale griechische Liebesaffären zu kreieren.

Die Windmühlen von Mykonos: Hier beginnt ein spannender Kriminalfall.

Im ersten Band deiner Reisekrimis lernen wir Laura Mars kennen. Kannst du uns ein paar Worte zu deiner neuen Protagonistin sagen? Wie hast du zu ihr gefunden?

Laura ist eine ungewöhnliche, sehr widersprüchliche Frau, einst erfolgreiche Wiener Modedesignerin, heute Aussteigerin und Biobäuerin auf Samos. Laura leidet einerseits unter einem schrecklichen Trauma, ist andererseits aber eine selbstbewusste, tatkräftige und kluge Frau. Gegen alle Vernunft verliebt sie sich in einen gutaussehenden griechischen Profikiller, der den Auftrag hat, sie zu töten. Mehr wird nicht verraten.

Deine Urlaubskrimi-Reihe geht spannend weiter – was sind die nächsten Schauplätze?

Zurzeit arbeite ich an einem Reisekrimi, der auf den Kanarischen Inseln, vor allem auf Gomera, Teneriffa und Gran Canaria, spielen wird. Laura Mars eilt ihrem Vater, der auf den Kanaren lebt und dort eine deutschsprachige Zeitung für Urlauber und Zweitwohnbesitzer herausgibt, zu Hilfe. Seine zweite Frau wurde entführt. Laura Mars wird in internationale Drogengeschäfte involviert. Auch in diesem Roman wird die Liebe nicht zu kurz kommen, doch statt eines Profikillers verliebt sich dieses Mal ein abgehalfterter kanarischer Privatdetektiv in sie. Es ist auch nicht ganz leicht, meiner Laura zu widerstehen …

 

 

Mörderisches Reisevergnügen: Edith Kneifl zeigt ein Griechenland hinter der sonnigen Fassade!
Vor der fantastischen Kulisse der griechischen Inseln Mykonos, Ikaria und Samos bahnt sich ein verhängnisvolles Abenteuer an. Griechenland ist einerseits Urlaubsparadies und Sehnsuchtsort, andererseits geprägt von der massiven Schuldenkrise, von Verarmung und Hoffnungslosigkeit. Edith Kneifl öffnet die Augen für Griechenland in allen seinen Facetten: den paradiesischen ebenso wie den abgründigen. Hier geht’s zum Buch!

Intrigen, illegale Geschäfte und tödliche Geheimnisse – „Wellengrab“ von Edith Kneifl (Leseprobe)

Gefahr im griechischen Paradies: Auf einer Schifffahrt lernt Laura Mars den gutaussehenden Griechen Alexander kennen – und ahnt nichts von seinem mörderischen Auftrag. Sie verliebt sich in ihn und begibt sich dadurch in Lebensgefahr … kann sie Alexander vertrauen, oder riskiert sie leichtfertig ihr Leben? Inmitten von idyllischen Inselträumen und bedrohlichen Immobilienhaien kommt es zum spektakulären Showdown!

Lies dich hier rein und begib dich mit der Wiener Krimi-Queen auf ein mörderisches Reisevergnügen:

Nach dreißig Jahren betrat Alexander zum ersten Mal wieder griechischen Boden. Er hatte in Argentinien, Kolumbien und Mexiko gelebt. Ein schiefgelaufenes Projekt in Juárez hatte er zum Anlass genommen, nach Europa zurückzukehren.

Die letzten Jahre hatte er in der Schweiz und in Wien verbracht. In der österreichischen Hauptstadt hatte er sich bald wie zu Hause gefühlt, Wien war ein idealer Platz zum Altwerden und galt nicht umsonst als die lebenswerteste Stadt der Welt. Doch es war auch eine Stadt der Intrigen, der illegalen Geschäfte und tödlichen Geheimnisse, wie er feststellen musste.

Alexander war in einer möblierten Zwei-Zimmer-Wohnung in einem Gründerzeitbau in der Nähe vom Naschmarkt abgestiegen. Er ging viel spazieren, hielt seinen Körper halbwegs in Form, und er lernte Deutsch, die Sprache der Dichter und Denker. Fast war ihm ein bisschen langweilig in Wien gewesen.

Edith Kneif, in Wels geboren, hat bereits 22 Kriminalromane und ca. 50 Kurzgeschichten. Mit „Todesreigen in der Hofreitschule“ (2019) setzt Kneifl ihre beliebte Serie historischer Krimis im Wien des Fin de siècle rund um den charmanten Privatdetektiv Gustav von Karoly fort. „Wellengrab“ (2020) ist der Beginn ihre neuen Urlaubskrimi-Trilogie. Die nächsten Bände werden auf den Kanarischen Inseln und in Kroatien spielen. Foto: Kurt-Michael Westermann

Eine Zeitlang hatte er eine russische Freundin gehabt. Sie war zwanzig Jahre jünger als er und viel zu dünn für seinen Geschmack. Aber Natascha war toll im Bett. Toll im wahrsten Sinne des Wortes. Wegen ihrer zahlreichen erotischen Finessen hatte er sie kurz in Verdacht gehabt, eine Professionelle zu sein. Zwar verlangte sie nie Geld von ihm, aber ihre Vorlieben kamen ihn teuer zu stehen: Ihre Lieblingsbeschäftigung war Shoppen, auch vom Kochen hielt sie nicht viel, die Restaurantbesuche kosteten ihn ein kleines Vermögen. Wenn er ehrlich zu sich selbst war, war sie ihm auch körperlich zu anstrengend. Natascha war in jeder Hinsicht unersättlich. Trotzdem hatte er Hemmungen, mit ihr Schluss zu machen.

Durch Natascha kam er in einer Bar der Wiener Innenstadt mit einem schwerreichen Russen ins Gespräch. Bald erledigte er einfache Jobs für Boris – gelegentliche Kurierdienste, die ihn meist nach Luxemburg oder Liechtenstein führten. Heute war er sich sicher, dass die Begegnung mit dem Russen kein Zufall gewesen war. Alexander hatte Natascha nicht viel über sich erzählt, aber offenbar hatte sie geahnt, dass er für illegale Geschäfte zu haben war.

Als er eines Tages für Boris in Luxemburg eine Geldtransaktion erledigte, wurde er bei seiner Rückkehr am Wiener Flughafen von internationalen Fahndern festgehalten und einvernommen. Boris hatte Wien verlassen, ohne Alexander eine Nachricht zu hinterlassen und ihn zu warnen. Die Interpol hatte den Russen wegen Steuerhinterziehung und Betrug auf ihre Fahndungsliste gesetzt.

Etwa zur selben Zeit verließ Natascha Alexander. Er empfand vor allem Erleichterung. Er hatte sie nicht geliebt, war nicht einmal verliebt in sie gewesen. Sie hatte ihm nur die einsamen Nächte erträglicher gemacht.

Alexander konnte es sich nicht erlauben, von der Interpol genauer unter die Lupe genommen zu werden. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als seinen Namen zu ändern und unterzutauchen.

Im Internet fand er eine hübsche Atelierwohnung in der Leopoldstadt mit Blick auf das Riesenrad. Die Wohnung gehörte einer Malerin. Sie wollte für ein halbes Jahr nach Frankreich und suchte jemanden, der einstweilen auf ihre Wohnung schaute. Er musste sich also nicht einmal anmelden.

Einen wunderbaren Frühling lang genoss er das luftige Atelier in der Nähe des Praters. Gerne hätte er noch eine Zeitlang weiter in den Tag hineinleben wollen. Doch eines Abends bekam er Besuch. Seine russischen Freunde hatten nicht auf ihn vergessen. Es überraschte ihn keineswegs, dass sie seine Adresse in Wien herausgefunden hatten. Beim Joggen im Prater war er einmal zufällig Natascha begegnet. Sie war in Begleitung eines anderen Mannes gewesen. Wahrscheinlich waren sie im gefolgt.

„Ihr Name ist Alexander Makiris? Sie sind der Grieche?“, vergewisserte sich der Mann in dem eleganten, gutsitzenden Anzug, der so gar nicht zu seiner Verbrechervisage passte.

Alexander zögerte, bevor er nickte. Er wusste, wann Lügen sinnlos war.

„Wir haben einen Auftrag auf Mykonos für Sie.“

Er machte sich nicht die Mühe nachzufragen, wen dieser Mann mit „wir“ meinte, wartete den Vorschlag des Mannes ab, ohne die Miene zu verziehen. Ein Job in seiner alten Heimat. Nicht weit entfernt von der Insel, auf der er geboren worden war. Er hielt das für ein besonderes Zeichen. Außerdem war es höchste Zeit abzuhauen. Wenn ihn die Russen so leicht finden konnten, würde die Interpol wohl auch bald bei ihm auftauchen. Es würde der letzte Auftrag sein, den er annahm. Danach wollte er sich endgültig zur Ruhe setzen.

Die Aufgabe schien nicht besonders schwierig zu sein. Er sollte einen österreichischen Hotelbesitzer auf Mykonos zum Verkauf überreden. Das Honorar klang verlockend und gleichzeitig verdächtig. Für einen so simplen Job zahlte normalerweise keiner fünfzigtausend Dollar. Wenn er seine Wertpapiere und Goldbarren, die er in einer Schweizer Bank deponiert hatte, verkaufte, würde er damit genügend Geld haben, um sich ein Haus auf einer einsamen Insel und ein gebrauchtes Fischerboot zuzulegen. Als Sohn eines Fischers bildete er sich ein, vom Fischfang etwas zu verstehen. Sollte es finanziell knapp werden, könnte er ja wieder seiner ursprünglichen Arbeit nachgehen. Denn zwischen der Türkei und den griechischen Inseln herrschte nach wie vor ein reger Austausch von Waren aller Art, Zigaretten und Cannabis aus dem Mittleren Osten waren auch im heutigen vereinten Europa noch gefragt.

Er stimmte zu.

Bevor der Besucher ging, übergab er ihm ein dickes Kuvert.

Alexander setzte sich auf die Couch und nahm die Fotos aus dem Umschlag. Sorgfältig prägte er sich die verschiedenen Gesichter ein und las die beigefügten Anweisungen. Tatsächlich klang alles nach einem gut organisierten, unkomplizierten Auftrag. Fotos und Zettel verbrannte er, die Asche spülte er im Klo hinunter. Die Russen waren zum Glück genauso altmodisch wie er, kommunizierten ungern per Mobiltelefon oder E-Mail. Anscheinend misstrauten sie ebenfalls den neuen Technologien. Alles war gläsern und kontrollierbar geworden. In seinem Beruf war das schlicht und einfach fatal.

Ohne einen Funken von Wehmut zu verspüren, verließ Alexander am nächsten Tag die Stadt, in der er sich sehr wohlgefühlt hatte, und flog nach Athen.

1. Teil: Piräus

Als ich ihn erblickte, wusste ich sofort, dass es Ärger geben wird. Schnellen Schrittes kam er die Treppe zum Oberdeck herauf. Ich erkannte ihn an seiner Statur und seinem Gang. Im Gegensatz zu mir hatte er sich kaum verändert, die vielen Jahre hatten wenige Spuren bei ihm hinterlassen. Wie die meisten großen Männer ging er leicht gebückt, so als würde er sich seiner Größe schämen.

Das Unglück wird seinen Lauf nehmen, dachte ich, als ich sein Gesicht aus der Nähe sah. Alles Sanfte und Weiche war aus seinen Zügen gewichen. Aber er war immer noch ein schöner Mann. Und er war auffallend gut gekleidet. Hellbeiger Leinenanzug, weißes Hemd, champagnerfarbene Sneakers. Bestimmt liefen ihm die Frauen genauso nach wie in seiner Jugend. Ob ihm das heute bewusst war? Damals hatte er nur Augen für eine gehabt. Er war kein Frauenheld, sondern ein schüchterner, introvertierter Bursche gewesen.

Ich überlegte, ob ich ihn ansprechen sollte, ließ es aber bleiben. Er würde mich nicht erkennen. Vielleicht würde er sich an meinen Vornamen erinnern? So wie alle im Dorf hatte er mich früher immer einfach Frau Christina genannt.

Als er knapp an mir vorbeiging, sah ich ihm in die Augen. Große, dunkle, traurige Augen mit langen schwarzen Wimpern, um die ihn wahrscheinlich jede Frau beneidete.

Ich erschrak. Seine Augen erinnerten mich an jene von Christos, den einzigen Mann, den ich je geliebt hatte. Aber Christos war tot. Die Faschisten hatten ihn 1969 während der Unruhen in Athen umgebracht.

 

 

Edith Kneifl zeigt ein Griechenland hinter der sonnigen Fassade!

Vor der fantastischen Kulisse der griechischen Inseln Mykonos, Ikaria und Samos bahnt sich ein verhängnisvolles Abenteuer an. Griechenland ist einerseits Urlaubsparadies und Sehnsuchtsort, andererseits geprägt von der massiven Schuldenkrise, von Verarmung und Hoffnungslosigkeit. Edith Kneifl öffnet mit „Wellengrab“ die Augen für Griechenland in allen seinen Facetten: den paradiesischen ebenso wie den abgründigen.

Über die Freundschaft zu seinem Protagonisten, Wienerlieder und Arthur Schnitzler: Stefan Slupetzky im Videointerview

Der Lemming droht sich in seinem neuen Fall in verschiedensten Netzen zu verwickeln: Im World Wide Web, mit dessen Gefahren er es zu tun bekommt, in den Verstrickungen korrupter Politiker, die nicht nur im Internet Fake News verbreiten, und in den feinen Fäden, die die Boulevardpresse spinnt, wenn sie mit haltlosen Behauptungen eine möglichst große Leserschaft einfangen möchte. Im Videointerview spricht Stefan Slupetzky über die Recherche zu seinem neuen Buch und das nicht immer einfache Verhältnis zu seinem Protagonisten. Einen Auszug könnt ihr hier nachlesen.

Demnächst erscheint der neue Lemming-Roman. Du bist Musiker. Was für einen Soundtrack würdest du für den Roman aussuchen?

Also ad hoc fällt mir ein: „Wacht auf, Verdammte dieser Erde“, wobei das jetzt nicht ein politisches Statement von mir ist, sondern weil es ja wirklich um die Verdammten dieser Erde geht, die sozusagen in ganz fürchterliche Situationen getrieben werden.

In deinem Buch spielen Dirty Campaigning und Hass im Netz eine Rolle. Musstest du als nicht sehr technikaffiner Mensch dafür viel recherchieren?

Ich recherchiere grundsätzlich nicht wahnsinnig gern. Wenn ich mich dazu durchringe, mich der Arbeit zu widmen, dann setze ich mich am liebsten hin und produziere Text. Die Recherche steht mir natürlich da immer im Weg, weil ich mich zuerst um die kümmern muss. In dem Fall habe ich es wirklich vermieden, zu sehr ins Technische zu gehen, bei diesem Themenkomplex, wenn es ums Internet geht etc., und habe versucht, einen Weg zu finden, das auf eine Ebene zu verlagern, die jeder auch einfachere Mensch – so wie ich – verstehen kann.

Der Lemming begleitet dich nun schon seit 2004. Inwiefern ist dir der Lemming ein Freund geworden?

Der Lemming und ich waren einander in den Anfangsjahren, glaub ich, sehr ähnlich. Ich mochte ihn sehr und ich glaub, er mochte mich auch ganz gern. Mit der Zeit haben wir begonnen, uns auf die Nerven zu gehen. Das ist auch für mich ein bisschen ein Grund gewesen dafür, dass der Polivka jetzt an seine Seite getreten ist. Weil der Polivka wieder andere Seiten hat, in denen ich mich auch wiedererkenne und die mir beim Lemming ein bisschen fehlen. Nämlich das Grantige, das doch auch manchmal Aufbrausende. Ja, insofern ergänzen sich die zwei auch ganz gut.

Ob Stefan Slupetzky Arthur Schnitzler oder Ödön von Horváth bevorzugt, wie er das Chaos in seinem Kopf ordnet und was in seinen Genen liegt, erfahrt ihr hier im Videointerview.

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Stefan Slupetzky ist ein Sprachkünstler, der es versteht, mit viel Feinsinn Bilder entstehen zu lassen, die sich einprägen. Nichts ist schwarzweiß, jeder hat eine Geschichte, stets hat es einen Grund, warum einer da ist, wo er heute ist. Slupetzky schaut ganz genau hin, wenn er seine Figuren zeichnet, und so manche wird einem bekannt vorkommen. Da ist der kleine Bub, der es mit den Schulkollegen so schwer hat, dass ihn eine Aura der Traurigkeit umgibt, da ist der frühere Neonazi, der sich für seine Tätowierungen schämt. Da ist jener Lehrer, der einmal Idealist gewesen ist, bevor ihm die Realität den Antrieb genommen hat, und der ehemalige Polizist, der jetzt nachts im Tierpark arbeitet und erst mehrere rauschhafte Nächte braucht, bevor er seinem Freund Polivka das Du anbieten kann – der Lemming. Wer ihn noch nicht kennt, sollte ihn schleunigst kennenlernen, allen anderen wünschen wir ein fröhliches Wiedersehen! Hier geht’s zum Buch!

Tatjana Kruse: Tannenduft mit Todesfolge – das Musical

Tatjana Kruse ist nicht nur die Königin der Krimödie, sondern auch eine Freundin von Lametta und weihnachtlichen Mordinstrumenten. Pünktlich zu Adventsbeginn verrät sie uns den Soundtrack zu ihren kein bisschen besinnlichen Krimikurzgeschichten!

Nein, Scherz. Es wird kein Musical geben. Aber es gibt tatsächlich eine Playlist zum Buch. Wenn ich schreibe, läuft immer Musik. Meistens instrumental. Doch sobald ich an einem Weihnachtskrimi sitze, muss es auch was Weihnachtliches sein. Nicht jeder der Kurzkrimis in „Tannenduft mit Todesfolge“ hat seinen eigenen Song, aber alle entstanden zu Musikbegleitung.

Meine absoluten Favoriten sind:

Als ich bei meinen Schafen wacht

Wieso mag man aus einer Fülle von Weihnachtsliedern eins ganz besonders? Keine Ahnung. Vermutlich hat es was mit der Kindheit zu tun. Und damit, ob man textsicher mitsingen kann. Besonders gern schmettere ich den Refrain: „Benedicamus Domino“. Wohlgemerkt, ich singe grundsätzlich immer schrecklich daneben, aber dafür mit viel Herzblut und gänzlich ohne Lautstärkeregler. Beim Weihnachtsliedersingen will man nicht neben mir stehen …

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All I Want for Christmas is You

Ein absolutes Muss zum Fest sind Weihnachtsfilme. Was sonst sollte man tun, während man den Festtagsbraten verdaut? Bei der Auswahl der Filme verstehe ich keinen Spaß – es müssen die Klassiker sein. „Tatsächlich Liebe“ steht ganz oben auf meiner Liste, noch vor „Die Hard“ und „Ist das Leben nicht schön?“ Besonders süß finde ich die aufkeimende Liebe zwischen den Kids und den Ohrwurm dazu:

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Santa Baby

Niemand hat „Santa Baby“ so verrucht gehaucht wie Eartha Kitt. Vermutlich, weil das gerüchteweise eins zu eins zu ihrem Leben passte. Und wenn ich ganz ehrlich bin, dürfte der Weihnachtsmann mir auch gern Luxusgüter durch den (nicht vorhandenen) Kamin ins Wohnzimmer plumpsen lassen. Champagner beispielsweise. Oder die BahnCard 100, erster Klasse. Oder den nur spärlich bekleideten Bill Nighy auf einem Eisbärfell. Ach ja, wenn schon träumen, dann groß!

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Fuck Christmas

Ja, jetzt tut’s weh, aber wenn beim Familienessen am ersten Feiertag die Fetzen fliegen und man wieder mal nur Socken und Küchengeräte geschenkt bekommen hat und am Ende auch noch der Baum Feuer fängt, weil Tante Gudrun auf echten Kerzen bestanden hat, dann möchte man mit Eric Idle diesen Song anstimmen:

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Have Yourself a Merry Little Christmas

Es begab sich aber eines Tages, dass ich – weil in Eile – zügig die Hotelaufzugskabine verließ, ohne nach links und nach rechts zu schauen. Und so prallte ich volle Kanne gegen einen Mann, der mir gefühlt gerade mal bis zum Knie reichte. Es war Michael Bublé, der zufällig im selben Hotel nächtigte wie ich. Und seitdem mein Knie durch diese Berührung geadelt wurde und er sich, obwohl völlig unschuldig, so ungemein charmant und gentlemanlike bei mir entschuldigt hat, höre ich ihn echt gern. Alles von ihm, aber besonders gern die Schmachtfetzen. Und dann tätschele ich schon mal versonnen mein Knie.

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O du fröhliche

Einmal im Jahr ist in meinem Heimatort – und sicher nicht nur dort – die Kirche nicht nur randvoll besetzt, sondern bis zum Platzen überfüllt. Zum einen ist es Tradition, an Weihnachten in die Kirche zu gehen, zum anderen hofft so mancher insgeheim bestimmt, er könnte an einem Abend gutmachen, was er das ganze Jahr über hat schleifen lassen. Doch warum auch immer, in St. Michael befinden sich dann sage und schreibe 1200 Menschen. Und wenn die am Ende des Gottesdienstes O du fröhliche anstimmen, dann kriege ich jedes Mal Gänsehaut. Am ganzen Körper.

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Bonustrack

Es gibt ein Instrumentalstück, das bei mir zu Weihnachten nicht fehlen darf: Der Peanuts Christmas Song von Vince Guaraldi. Als Kind war ich viel allein und verbrachte die Weihnachtsferien mehrheitlich auf dem Bauch liegend vor dem Fernsehgerät. Damals liefen immer Die Peanuts. Ich habe sie geliebt. Bis heute bringt mich nichts so sehr in Friede-Freude-Gänsekeule-Stimmung wie dieser Song, und er lief auch gesichert beim Schreiben jedes einzelen Kurzkrimis von Tannenduft mit Todesfolge als Hintergrundmusik:

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Welche Weihnachtsgeschichten zu diesem wunderbaren Soundtrack tatsächlich entstanden sind, könnt ihr in „Tannenduft mit Todesfolge“ selbst entdecken! Tatjana Kruse versammelt mörderisch-bunte Gestalten um ihren Weihnachtstisch – und unter dem Tisch stapeln sich diverse Leichen. Perfekt für alle, die zwischen Geschenkekauf und Deko-Wahnsinn so richtig was zu lachen brauchen: eine kruselig-schöne Bescherung!

„Kruse schießt die Pointen völlig ungeniert gleich salvenweise aus der Hüfte, und sie bricht lustvoll mit wirklich allen gängigen Klischees ihres Genres.“
Ralf Kramp für den FOCUS 

Tatort Tannenbaum: kriminell komische Weihnachtskrimis von Tatjana Kruse! (Leseprobe)

Eine mörderische Bescherung: Weihnachten mit Krimi-Kruse

Himmlische Ruh? Niemals nicht! Wenn die Königin der Krimödie Weihnachten feiert, geht es alles andere als besinnlich zu. Da treffen Gangster im Rauschgoldengelkostüm mit Pumpguns unterm Kleidchen auf giftige Schoßschlangen, da angelt man beim Eisfischen menschliche Füße, da wird der Weihnachtsmann zum Axtmörder, da färbt sich weißer Schnee blutrot – und der Weihnachtself ist unpässlich, weil ihm ein Pitbull in den Hintern gebissen hat. Wo die Weihnachtsgans vergiftet ist und Santa in Wahrheit ein Killer, da hat an den Tatorten ganz bestimmt eine ihre Spuren hinterlassen: Tatjana Kruse. Mit ihrem unvergleichlichen Humor macht sie die sonst ja angeblich so stille Weihnachtszeit zu einem Feuerwerk an Pointen und sorgt für rundum gute Laune.

Leseprobe zu: Tannenduft mit Todesfolge

Brief an meinen Mörder

Hallo, Alter –

entschuldige die plumpe Anrede, aber so ein Mord ist ja etwas sehr Intimes, das uns für immer verbindet, auch wenn wir uns kaum kennen, da darf ich sicher auf das informelle Du zurückgreifen. Ich will zugeben, dass es mich sehr überrascht hat, als du plötzlich vor mir aufgetaucht bist, inklusive Skimaske und Eispickel. Damit rechnet man ja nicht, schon gar nicht im vorweihnachtlichen Morgengrauen. Aber unverhofft kommt oft, wie meine Großmutter immer zu sagen pflegte.

© Jürgen Weller

Zu meiner Verteidigung darf ich anführen, dass ich ehrlich nicht mit einem Überfall gerechnet habe – ich meine, wer überfällt schon eine sechzigjährige Putzfrau, die um halb sechs in der Frühe den Eingang zum Supermarkt feudelt? Geld ist bei mir nicht zu holen, und wie viele perverse Sittenstrolche mit Oma-Fetisch gibt es schon? Die Wahrscheinlichkeit, dass es mich trifft, hielt ich immer für kleiner gleich null. Aber ich hatte nach fünfunddreißig Jahren als Sekretärin auch nicht damit gerechnet, dass ich kurz vor der Rente entlassen würde und mir mein Geld als Hygienefachfrau verdienen müsste. Das Leben spielt uns oft üble Streiche … hab ich recht oder hab ich recht? Jedenfalls dachte ich bis zu dem Moment, wo du den Eispickel hochgehoben hast, dass es sich um einen Überfall handeln müsse. Es tut mir leid, aber ich dachte, du bist einer von diesen grobmaschig Gestrickten, die denken, ich würde die geheime Zahlenkombination für den Safe im Büro des Geschäftsführers kennen oder so.

Aber nein, du wolltest kein Geld, du wolltest nur mein Leben. Ich sage „nur“, obwohl es natürlich das Kostbarste ist, was ich habe. Aber es ist kein Sachwert, nichts, was man veräußern könnte. Kurz und gut, es tut mir leid.

Mir tut leid, dass ich das Abonnement der Tageszeitung gekündigt habe, sonst hätte ich gelesen, dass ein blutrünstiger Kerl mit Eispickel schon drei Mal zugeschlagen hat. Immer frühmorgens, immer Frauen. Eine Bäckermeisterin und zwei Zeitungszustellerinnen. Mir tut leid, dass ich deshalb mit so etwas nicht gerechnet habe, sonst hätte ich womöglich anders reagiert. Aber so erwischte es mich unverhofft.

Du hast offenbar nicht damit gerechnet, dass eine alte Frau so schnell zur Seite hüpfen kann, diese Fehleinschätzung teilen viele. Ich hätte dann natürlich weglaufen sollen, das ist mir rückblickend klar. Aber als dein Eispickel sich in den Parkplatzboden bohrte, weil du in der Bewegung nicht so rasch innehalten konntest, da brach sich irgendetwas in mir Bahn. Ich hätte dir in diesem Moment nicht in die Kniekehlen treten sollen. Und vor allem hätte ich nicht mit meinem Putzeimer so fest auf deinen Hinterkopf einschlagen sollen. Mehrmals. Es stimmt auch nicht, dass die Verschlusskappen des Rohrreinigers und des Kalkentferners im Eimer locker saßen und sich dir deshalb versehentlich eine tödlich verätzende Mischung aus Rohrreiniger und Kalkentferner in Augen und Rachen ergoss. Das habe ich absichtlich getan. Weil ich ziemlich böse war. Vergiss nicht, du wolltest mich mit einem Eispickel erschlagen. Da kann man schon mal die Fassung verlieren. Also, was ich eigentlich sagen wollte … na ja, im Grunde will ich es nicht sagen, aber der Polizeipsychologe meinte, es würde mir guttun, wenn ich es aufschreibe und den Brief anschließend verbrenne, weil ich sonst womöglich ein posttraumatisches Stresssyndrom entwickle und nie wieder im Morgengrauen putzen gehen kann … was ich also sagen wollte, ist, es tut mir leid. Und das nicht nur, weil es bestimmt schlechtes Karma gibt, so kurz vor Heiligabend jemand zu killen. Ich hätte weglaufen und dich später bei einer polizeilichen Gegenüberstellung wiedererkennen können. Vermutlich hättest du fünfzehn Jahre mit anschließender Sicherheitsverwahrung bekommen. Es hätte vielleicht noch viel Lebenszeit vor dir gelegen. Aber es kam anders. Unverhofft kommt eben oft …

Herzlichst, dein Opfer

Töten statt Flöten: kriminell komische Weihnachtsgeschichten zum Vor- und Selberlesen

Wenn es draußen schneit und die Kinderlein all auf der Blockflöte Weihnachtslieder quietschen, empfehlen wir zur allgemeinen Stimmungsaufhellung wärmstens die Lektüre von wenig besinnlichen Weihnachtskrimis.
„Kruse schießt die Pointen völlig ungeniert gleich salvenweise aus der Hüfte, und sie bricht lustvoll mit wirklich allen gängigen Klischees ihres Genres.“ So schön formuliert es Krimi-Kollege Ralf Kramp für den FOCUS – und trifft damit ins Schwarze.
Tatjana Kruse versammelt mörderisch-bunte Gestalten um ihren Weihnachtstisch – und unter dem Tisch stapeln sich diverse Leichen. Perfekt für alle, die zwischen Geschenkekauf und Deko-Wahnsinn so richtig was zu lachen brauchen: eine kruselig-schöne Bescherung! Hier geht’s zum Buch!

„Gegen den Biermösel aus dem Ausseerland ist der Hiob aus dem Walbauch das reinste Glückskind.“ – Manfred Rebhandl interviewt Manfred Rebhandl

Lange vergriffen und heiß ersehnt: Manfred Rebhandls Kultfigur Biermösel, seines Zeichens trostloser Ausseer Gendarm mit Verdauungs- und auch sonstigen Störungen, darf endlich wieder ermitteln! Grund genug, um Biermösel-Neulingen den Einstieg schmackhaft wie Marillenschnaps zu machen und langjährigen Fans Glückstränen in die vorfreudigen Augen zu treiben. Dazu führt Manfred Rebhandl – Schöpfer der bedauernswerten Ermittlerfigur und begnadeter Interviewer – höchsteigen in einem Gespräch mit sich selbst in die wunderbare Welt des Biermösel ein.

Herr Rebhandl. Der Biermösel …

Jaja, zwei wunderschöne Namen, die mit einem „L“ ausklingen …

Was ist los? Hat Sie die Melancholie ummantelt, die auch Ihren Helden umgibt?

Was heißt Melancholie? Beim Biermösel ist das keine Melancholie! Es ist das reine Unglück, eine einzige Nachtfahrt, ein Fest des misslungenen Lebens! Umsonst heißt es ja nicht über ihn: „Nur Bier, nie Möse!“ Und dann wird am Stammtisch wieder hinter vorgehaltener Hand oder sogar ganz unverhohlen über ihn gelacht, und nicht nur die toten Jäger lachen ihn aus, die ihn überreden wollen, doch mal ein Wildbret zu probieren anstatt des innigst geliebten Schweinsbratens von seiner Schwester Roswitha. Also was heißt Melancholie? Gegen den Biermösel aus dem Ausseerland ist der Hiob aus dem Walbauch das reinste Glückskind. Es ist ja kaum vorstellbar, was Gott mit ihm alles anstellt!

Gott waren in diesem Fall Sie.

Spielt gerne Gott: Manfred Rebhandl – Foto (c) Kurt-Michael Westermann

Ja, dieser Gott war in diesem Fall ich, kein gütiger Gott, weiß Gott nicht! Ich habe mir da Gott sei Dank wirklich einiges einfallen lassen, wenn ich den Biermösel nicht nur über die lange Gerade im Silbertannenwald jage, wo er in seinem Wetterfleck und auf seiner alten Triumph Fips immer unterwegs ist vom Gendarmerieposten in Aussee drüben zum „Gasthaus zum Auerhahn“ herüben, das auf halber Strecke nach Goisern liegt, sondern durch einen Reigen an düsteren, abartigen, Bier- und schnapsgetränkten Ereignissen.

Beispiele?

Du lieber Himmel, Dutzende! Wer erinnert sich nicht an seine Begegnung mit den Goldhaubenträgerinnen und Zimttörtchenscheißerinnen! Mit den Sir-Irisch-Moos-Trägern und Autoverkäufern! Mit den Jägern aus dem Jenseits und seinem Zuchteber Archie unten im Kanal! Mit dem Hasenscharten-Ulf …

… dem Glöckner im Kirchturm vom Pfarrer Hein …

… oder mit der gachblonden Discowirtin drüben in Goisern, die dort ihr Gastroimperium „Chez la Blonde“ betreibt samt Bauerntrotteldiscohütte „Blondi“, über die sich ihr Gast Claus Peymann während einer feurigen Gulaschsuppe so aufregt hat, weil sie „Eva Braun der Berge“, wie er sie ohne Grund nannte, nicht wusste, dass das Hundsvieh von der Drecksau Hitler auch so geheißen hat.

Die gachblonde Discowirtin ist Ihnen vielleicht von allen Figuren eine der liebsten?

Sie sagen es! Eine Frau, für die der Mick Jagger den Welthit „Angie“ geschrieben hat! Die den schwarzen Afghanen in ihrem Strumpfband stecken hat! Und die selbst einem Tunichtgut wie dem Kaltenböck Karl (aka Jackpot Charlie von der Ackerbau- und Viehzuchtbank) immer noch ein Achterl aufs Haus ausschenkt, wenn der Spielsüchtige auf seine Pferderennen drüben in Santa Anita wettet … Melancholischer als die gachblonde Discowirtin kann man nicht sein. Na gut, vielleicht, dass der Jackpot Charlie noch ein bisserl melancholischer ist …

Na und die Ivana?

Die platinblonde Ivana aus Russland drüben? Die vom Puffkaiser Schlevsky aus dem Deutschen Osten vom Tingeltangel in Strudelwasser an der Oder nach Aussee hinunter verschleppt wird und mit ihm oben im Flachdachneubau vom Stararchitekten Wollatz leben muss? Die sich nach ihrem Mütterchen zuhause auf Nowaja Semlja sehnt und nach ihrer großen Liebe Pavel, der von einem russischen Bären zerrissen wurde, als er für seine Ivana ein Bärenfell organisieren wollte? Naja, da haben ’S natürlich recht, die ist schon auch sehr, sehr melancholisch.

Melancholischer noch als die Lois Lehn?

Die rasende Reporterin vom Ländlichen Boten, die sich immer erst ihren Holzfuß anschnallen muss, bevor sie zu rasen anfängt, und die zuhause den Rotwein gerne kalt trinkt, wenn sie mit ihrem Reporterkollegen Bob Woodward von der Washington Post drüben „auf Augenhöhe“ telefoniert? Naja gut, da haben Sie schon wieder recht, weil die ist schon auch sehr, sehr melancholisch.

Besser geht es dem Weiß Ferdl, dem weltberühmten Volksmusikanten aus Aussee …

… der es bis nach Paris geschafft hat! Und der dort einen wunderbaren Welthit geschrieben hat, auf teils Deutsch, aber auch auf teils Französisch.

Kostprobe?

Bitte! Gerne!

Schö tem hier und schö tem da
Schö aime dich das ganze Jahr
Überall auf der Welt
Wo’s mir Herzbub grad gefällt.

Allerdings fand auch der Weiß Ferdl ein tragisches Ende …

Natürlich! Natürlich! Und das hat er auch verdient! Anders als der Matthias von den „Radinger Spitzbuben“, der den Biermösel ja mit der schönen Gabe „Joe“ bekannt gemacht und ihm den ersten Joint überhaupt gewuzelt hat, als der ihn aus seinem Tourbus heraus gefangen hat, in dem sich neben großdutteligen blonden Damen eben auch jede Menge Trompeten und Klarinetten und halt auch Rauschmittel gefunden haben; nebst einem Luftballon, der innen mit weißlicher Flüssigkeit … Naja … Lassen wir das lieber.

Der Stoff, aus dem Biermösels keusche Träume sind: der Schweinsbraten seiner ureigensten Schwester Roswitha

Sagen Sie, was wirklich viele interessiert: Ist es richtig, dass der Biermösel und seine Schwester Roswitha oben in der Kammer …?

Ja!

Und dass der Biermösel noch nie, also überhaupt noch nie …?

Nie!

Auch nicht mit der Putzfrau Anni, die er ja über alle vier Bände hinweg „packen“ will und der er vermutlich zwei Lastwagenladungen voll mit „Mon Cheri“ geschenkt hat, um sie für sich zu gewinnen?

Auch nicht mit ihr.

Finden Sie das traurig?

Ob ich das traurig finde? Du meine Güte, so ist halt das Leben! Es kann ja nicht jeder ausschauen wie der Burt Lancaster! Dafür kann der Biermösel aus der Hüfte heraus schießen wie nicht einmal der John Wayne drüben in Amerika! Und er hat jeden Tag das Schweinsbraterl mit einem Krusterl, wo du dir alle zehn Finger abschleckst, und dazu Knödel und Kraut und Marillenschnaps ohne Ende! Und jetzt einmal unter uns Pastorentöchterln: Hat das vielleicht der Burt Lancester auch?

Der Burt Lancaster ist tot.

Dazu von mir und dem Biermösel vielleicht nur zwei Worte: Mir wurscht!

Das ist das Schlusswort?

Nein. Das ist das Schlusswort: Prostmahlzeit!

Weder beruflich noch privat kann er irgendwelche Erfolge vorweisen: Manfred Rebhandls Ausseer Gendarm Biermösel

 

 

Wem jetzt der Appetit noch nicht vergangen ist, der hat gut lachen: Die vier bisher erschienenen Biermösel-Krimis „Lebensabende und Blutbäder“, „Löcher, noch und nöcher“, „Scheiß dich nicht an – lebe!“ sowie „56,3° im Schatten“ werden erstmals gesammelt in hochwertiger Ausstattung neu aufgelegt. Als Draufgabe gibt es eine brandneue Biermöselgeschichte: In dieser hat es ein charismatischer, aufstrebender Bürgermeister im Slim-Fit-Trachtenanzug („Ich habe die lange Gerade im Silbertannenwald im Alleingang geschlossen!“) auf die hochtrainierte Säuferleber vom Biermösel abgesehen.

Manfred Rebhandls höchst kultverdächtige Kompilation aus Blutbädern, Blähungen und Bierräuschen finden Sie hier.

Spuren im World Wide Web – Thomas Baum über seine Recherche zu „Kalter Kristall“

CSI auf Österreichisch mit spektakulären Verfolgungsjagden und überraschenden Wendungen: Drehbuchautor Thomas Baum legt den wohl rasantesten Krimi der Saison vor! Nach mehreren „Tatorten“, Folgen der „Rosenheim-Cops“ und dem Kinohit „In drei Tagen bist du tot“ zeigt er mit „Kalter Kristall“, dass er nicht nur auf Kinoleinwänden und Fernsehbildschirmen mit schnellen Cuts und atemloser Spannung überzeugen kann. Wie es ihm bei der Recherche ergangen ist und wo die großen Unterschiede zwischen Buch und Drehbuch liegen, erzählt er uns in seinem Gastbeitrag.

Bitcoins, Darknet, Finsternis: Thomas Baum hat sich mit dunkler Materie beschäftigt.

Die Unterwelt des Internets

Zuerst interessierten mich die Bitcoins. Eine Kryptowährung ohne Geschichte, ohne Seele, ohne Kultur. Ein aufgeblasenes Vieles und Nichts, das Goldgräberstimmung und einen Spekulationshype erzeugt. An mir gehen solche Geld-Dynamiken normalerweise vorüber. Die Unterwelt des Internets, in der Bitcoins als einzig wahres Zahlungsmittel gelten, habe ich bisher gemieden. Ich bin nicht der Typ, der sich einfach so ins Darknet klickt. Das macht eine Figur aus „Kalter Kristall“ für mich. Sie weiß, welche spezielle Software es fürs Betreten des Darknets braucht. Sie ist versiert im Verschlüsseln der eigenen Identität und Verwischen von Spuren. Bitcoins bestimmen ihren täglichen Umsatz. Im Deep Web bewegt sie sich beinahe so selbstverständlich wie andere auf Google oder Facebook.

Drogen, Waffen und Sex

Beim Recherchieren fand ich es sehr erstaunlich, dass die Marktplätze im Darknet in etwa so funktionieren wie der uns bekannte legale Online-Handel. Man klickt auf ein Produkt und legt es in den Warenkorb. Gekauft werden Drogen, Waffen, gestohlene Kreditkarten, Medikamente und Sex.
Die erworbenen Amphetamine und Pistolen landen in neutralen Päckchen mit Aufschriften wie „Alles für den Garten“ im Briefkasten. Auf diese Weise ist jeder unauffällige Familienvater in der Lage, ein kriminelles Kleinunternehmen zu gründen. Oder einen internationalen Handel im ganz großen Stil.
Das Erkunden des Darknets brachte mich auf die Fährte abgebrühter Geschäftemacher und düsterer Foren. Allein beim Eintippen von einschlägigen und problematischen Suchbegriffen beschlich mich das unangenehme Gefühl, mir könnten diverse Cyber-Cops im Nacken sitzen. Das Internet schläft nie, Kontrolle ist immer und überall. Die perfekt getarnten Pfade des dunklen und mächtigen Web-Paralleluniversums sind nichts für schwache Nerven.

 

Drehbuch ist nicht gleich Buch – aber Gemeinsamkeiten gibt es dennoch.

Late in, early out

Drehbuch ist nicht gleich Buch – aber Gemeinsamkeiten gibt es dennoch.

Möglichst direkt rein in die Kapitel und rechtzeitig wieder raus – dieses Prinzip habe ich vom Drehbuchschreiben übernommen. Wie viel ist nötig und wie wenig genügt, um die Story und ihre Figuren stimmig voranzutreiben? Solche Fragen spielen bei einem Hauptabend-Fernsehfilm im Zeitkorsett von 90 Minuten eine noch wesentlichere Rolle als bei einem Roman mit 300 Seiten.
Beim Krimi in Buchform genieße ich den großzügigen Raum für Nebenstränge und deren Verflechtungen.

Außerdem steht mehr Platz für die Eigenheiten und Beweggründe der einzelnen Charaktere zur Verfügung.
Im Film erklären sich die Figuren vor allem über Handlung und Dialoge. Der Roman ermöglicht ein weitaus intensiveres Eintauchen in die unterschiedlichen Wahrnehmungs- und Gedankenwelten. Zum Beispiel liebe ich es sehr, in den rasantesten Momenten auf Zeitlupe zu schalten und das Geschehen minutiös aus der subjektiven Perspektive einer beteiligten Person zu schildern.

Komplexes Handwerk: Drehbuch und Roman

Auch wenn viele Gesetzmäßigkeiten des Geschichtenerzählens für beide Formen gelten, gibt es wesentliche handwerkliche Unterschiede. Beim Film denkt man in Szenen, Sequenzen, Plot Points und Akten und schreibt neben einer eher nüchternen, ökonomischen Prosa möglichst punktgenaue und pointierte Dialoge. Die Stoffentwicklung erfordert außerdem einen ständigen und nicht immer einfachen Austausch mit Redaktionen, ProduzentInnen und RegisseurInnen.
Romane werden im Wesentlichen von der ganz persönlichen Handschrift und Sprache der AutorInnen getragen. Der Rhythmus und Klang einzelner Sätze und das exakt gesetzte Wort verleihen dem Text seine eigene, besondere Färbung.
Für kritische Anmerkungen sorgen im Entstehungsprozess ausgewählte LeserInnen und professionelle LektorInnen. Die Geschichte lebt für sich selbst und braucht keine weitere Umsetzung durch ein anderes Medium oder andere Personen.
Außerdem vermittelt sich über die individuelle Erzählweise auch das spezielle Menschenbild der AutorInnen. Mir bereitet es großes Vergnügen, zwischen den Zeilen meine eigenen Zugänge zu den kleinen und großen Herausforderungen des Lebens durchschimmern zu lassen – solange es der Geschichte und den Figuren dient. Und dem, was gute Krimis brauchen: überraschende Wendungen, Witz und Spannung.

 

 

Überraschende Wendungen, Witz und Spannung: All das hat er zu bieten, der neue Kriminalroman von Thomas Baum! Hier geht’s zum Buch!

Mit Nadel, Faden und Pistole: Siggi Seifferheld ist zurück!

Schwäbisch Hall. Ein malerisches Städtchen wie aus dem Bilderbuch. Mittelalterliches Flair, eine historische Altstadt, freier Internetzugang – es könnte alles so schön sein. Und so ruhig. Siggi Seifferheld, Ex-Kommissar im unruhigen Ruhestand, wünscht sich gemütliche Stunden mit seiner Liebsten Marianne und seinem Hund Onis, der auch nicht mehr der Jüngste ist. Aber ein wildes Welpenrudel, ein Gesangsprojekt der Jungs vom Männerkochkurs und ein russischer Mafiaboss machen ihm einen Strich durch die Rechnung.

Einer von den Guten

Siggi Seifferheld hat sich vor Jahren eine Kugel in der Hüfte eingefangen – dienstlich. Aber auch, wenn er damals nicht in den Vorruhestand versetzt worden wäre, wäre er jetzt wohl nicht mehr im Dienst – denn jünger wird er nicht. Aber trotz Gehhilfe und nachlassender Blasenkapazität ist er ausgesprochen umtriebig: Das Schnüffeln kann er sowieso nicht lassen – einmal Wadenbeißer, immer Wadenbeißer -, die Jungs vom Männerkochkurs halten ihn auf Trab, seine Frau Marianne sowieso, er verfasst für das Haller Tagblatt regelmäßig den Polizeibericht und jetzt hat er auch noch ein ganz spezielles Ehrenamt übernommen.

Hinter Gittern wird gestickt.

Knaststickkränzchen mit Ex-Kommissar

Seit kurzem leitet Siggi nämlich einen Stickkurs in der Haftanstalt Schwäbisch Hall. Der begeisterte Sticker – mit eigener Sendung für stickende Männer im Radio – ist Experte und damit bestens für diese Aufgabe geeignet. Mit von der Stickpartie sind: Kurt, ein zottelhaariger Ex-Junkie, der wegen leichter, aber wiederholter Beschaffungskriminalität einsaß und im Knast zu Gott gefunden hatte; Saiid, ein zartbitterschokoladenbrauner Somali, von dem es hieß, er sei Pirat gewesen, der jetzt aber an den Rollstuhl gefesselt war, warum, das wusste keiner; Trân, ein winziger Vietnamese, der einen Schmuggelring geleitet hatte; Murat, eine Seele von Mensch, der erstaunlich echt wirkendes Falschgeld in großen Mengen produziert und unter die Leute gebracht hatte; und Pjotr, der greise Russenmafioso, der mit seinem weißen Vollbart und den buschigen weißen Augenbrauen wie ein wohlwollendes Großväterchen wirkte.

Aber selbst dieser harmlose Haufen – der Fromme, der Fette, der Nette, der Zwerg, der Rollstuhlfahrer und der Greis – bekam jeweils nur eine einzige, stumpfe Sticknadel ausgehändigt. Um das Risiko zu minimieren.

Hovawart Onis ist wenig erfreut: Ein Welpenkindergarten überrennt das Seifferheldhaus.

Seifferheld hat es nicht leicht

Doch nicht nur in der Haftanstalt, sondern auch in Seifferhelds Zuhause hat er das Vergnügen von illustren Runden. Seine Frau hat einen Welpenkindergarten eröffnet – für Welpen mit besonderen Bedürfnissen, will heißen: Welpen, die aus Mischbeziehungen stammen. So hatte beispielsweise der Pickel, der eigentlich Bruno hieß und der Sohn eines Pitbulls und einer Dackelhündin war, die kurzen Beinchen seiner Mutter, aber den stämmigen Schädel seines Vaters geerbt. Er brauchte ein völlig anderes Training, nämlich vor allem das der Nackenmuskulatur, als beispielsweise die Bichogge, das Kind der Liebe einer Dogge und eines Bichon Frisé, mit ihren langen Giraffenbeinen und der wild wuchernden Pilzkopffrisur. Oder als der Schnudel (Schnauzer und Pudel) mit seiner geländegängigen Körperform beziehungsweise der kleine, stämmige Chips (Chihuahua und Mops).

Und als wäre all das nicht genug, hat auch noch Kläuschen eine seltsame Idee geboren:

Die Männerkochkursgruppe soll jetzt singen – und eine Platte mit den schönsten Kochliedern aufnehmen. Und Siggi tut sich schrecklich schwer damit, dem euphorischen Klaus einen Wunsch abzuschlagen …

Markenzeichen der Seifferheld-Reihe: Der Gartenzwerg.

Seifferheld taucht ab

Seifferheld hat ja wirklich schon viel erlebt. Tote Galeristen, konkurrierende Stricker, ermordete Schauspielerinnen, Undercoverermittlungen im indischen Kochkurs – all das kann einen erfahrenen Kommissar nicht wirklich aus der Ruhe bringen. Aber diesmal ist alles anders. Denn diesmal verschwindet Seifferheld von der Bildfläche. Bei einem Gassigang mit Onis – denn auch dessen Prostata ist nicht mehr die jüngste, beobachtet er, wie Häftling Pjotr von zwei Beamten in eine Klinik gebracht werden soll. Zwei verdächtige Männer beobachten die beiden. Und dann passiert es:

Die Beamten riefen unisono: „Scheiße!“
Seifferheld rief: „Rauchgranate!“ Reflexartig zog er Onis weg von der Dose und in Sicherheit.
In diesem Moment zog der Muskelmann zwei Taser aus seinen Anzugjackentaschen. Er taserte mit der einen Hand den Beamten, der Pjotr am Ellbogen hielt, um nur einen Sekundenbruchteil später mit einem zweiten Taser den anderen Beamten, dessen Hand schon zur Waffe gefahren war, wenn auch zu langsam, außer Gefecht zu setzen. Zuckend gingen die beiden zu Boden. Wo sie bestimmt noch eine Weile vor sich hinzuckten, was man aber nicht sehen konnte, weil die Nebelbombe jetzt – besser spät als nie – anfing, eine unglaubliche Menge an blickdichtem Rauch zu produzieren.
Pjotr, dieser Greis mit dem gütigen Weihnachtsmannvollbartlächeln, sah Seifferheld fassungslos an. Der wiederum wurde von dem Muskelmann kräftig in die offenen Eingeweide des Geländewagens gestoßen, wobei Siggi der Gehstock entglitt und auf den Pflasterboden fiel.
Siggi quietschte unwillkürlich auf, als er in den unnachgiebigen Armen eines dritten Fremden landete.
Onis sprang seinem Herrchen instinktiv hinterher. Der Muskelmann wollte nach der Leine greifen und den Hund wieder aus dem Wagen zerren, aber der junge Mann am Steuer rief ihm auf Russisch etwas zu, woraufhin der Ungeschlachte den Greis in den Wagen hob, hinterhersprang und die Tür zuknallte. Und schon schoss der Geländewagen in einem Affenzahn rückwärts auf die Haalstraße und bretterte gleich darauf mit Karacho durch die Innenstadt.
In einem spektakulären Husarenstück hatte man Pjotr … tja, was genau? Befreit?
Entführt?
Nur eins stand felsenfest: Seifferheld und Hund Onis waren zu Geiseln geworden!

Hier geht’s zum Buch!

 

 

Ein Muss für alle Seifferheld-Fans und für alle zukünftigen Seifferheld-Fans sowieso: Mit Wortwitz und Drive lässt Tatjana Kruse diesmal die Seifferheld-Mischpoke ermitteln: Seine liebe Frau Marianne, seine kratzbürstige Schwester Irmgard, Tochter Susanne und Nichte Carina, Nicht-Putzfrau Olga, die Jungs vom Kochkurs und die ehemaligen Kollegen machen sich auf die Suche. 

Die Königin der Krimödie kombiniert meisterinnenhaft rasante Krimihandlung mit Wortwitz und den schrulligsten Figuren der deutschsprachigen Krimilandschaft. Deshalb ist die Seifferheld-Reihe einer der beliebtesten im deutschsprachigen Raum, dafür lieben ihre Fans Tatjana Kruse seit der allerersten Seifferheld-Stunde, und darüber dürfen sie sich jetzt endlich wieder freuen!

Ein trinkfestes Doppel: Gucki Wurm und ihr Spitz(-enermittler) Turrini

Die Mühlviertler Powerfrau Gudrun (Gucki) Wurm und ihr trinkfreudiger Spitz Turrini lösen in „Turrinis Hirn“ ihren mittlerweile sechsten Fall. Auch diesmal ist echtes Teamwork gefragt, um einen Mörder, der seine Opfer mit Hundehalsbändern stranguliert, zur Strecke zu bringen. Grund genug, sich das unzertrennliche Duo einmal genauer anzusehen!

Er steckt hinter dem kongenialen Duo: Franz Friedrich Altmann. Foto: Rainer Kocher

Die Dame mit dem Hündchen

Wenn man über die Gucki und den einzig wahren Mann in ihrem Leben was erzählen will, tut man sich schwer mit passenden Vergleichen, weil die zwei eigentlich ziemlich einzigartig sind. Es fängt schon damit an, dass der Lebensmensch von der Gucki gar kein Mensch ist, sondern ein Hund. Gut, Kriminalfälle lösende Mensch-Hund-Zweigespanne gibt es eh viele, aber zu Kommissar Rex oder Tim und Struppi ist es doch ein himmelweiter Unterschied.

Journalistin mit kriminalistischer Ader

Erstens ist die Gucki keine Kommissarin – bei der Polizei würd sie es auch gar nicht aushalten, mit so depperten Kollegen wie dem Otto Rammer –, sondern Redakteurin bei den Mühlviertler Nachrichten. Genauer gesagt bildet sie gemeinsam mit der Renate, ihrem Mädchen für alles, die Redaktion dieses Glanzstücks provinziellen Journalismus. Dabei hat die Journalistin eindeutig das Zeug zur Ermittlerin:

„Für diejenigen, die die Gucki noch nicht kennen, muss man jetzt vielleicht dazusagen, dass sie einen Meter fünfundachtzig ist und hübsch ein Schmalz hat.“

Blitzgescheit ist sie auch noch, und obendrein kann sie es beim Tarockieren und Saufen locker mit jedem Mannsbild aufnehmen. Vielleicht ist das der Grund, warum sie es noch mit keinem Mann länger als ein paar Tage ausgehalten hat. Wobei:

„Die einzige Ausnahme war ein gewisser Zellner Andi. Hat aber nach fünf Wochen auch aufgegeben. Hat keine Schuhe mehr gehabt. Weil der Turrini alle Schuhe vom Andi zerlegt hat. Hat seinen Konkurrenten praktisch hinausgebissen.“

Im Prinzip kommt die Gucki aber sowieso ganz gut ohne Mann zurecht, und wie sie an ihrer alten Schulfreundin Sabine und ihrem Karli sehen kann, schafft das Eheleben mehr als genug Probleme, die man mit einem Hund sicher nie hat.

Spitz Turrini kann fast alles. Sogar selber Jägermeister-Flascherln aufmachen. Wer den Schnaps hat, braucht für den Spitz nicht zu sorgen.

Spitz auf Jägermeister

Zweitens ist der Turrini eben kein Schäferhund, sondern ein Spitz, und hat noch dazu einen sehr komischen Namen für einen Hund. Wie es dazu wohl gekommen ist? Eine lange Geschichte, die am besten ganz von vorn erzählt wird:

„Also: Vor siebzehn Jahren hat sich die Gucki vom Leo Höller einen Hund andrehen lassen. Mit der Mitleidstour: Sonst landet er im Tierheim! Hat die Gucki den Hund Turrini getauft. Weil sie damals grad an ihrer Diplomarbeit Sentimentale Motive im Dramatischen Werk von Peter Turrini geschrieben hat. Und weil der Hund dem Theaterdichter wirklich total ähnlich geschaut hat: ein bisserl kleiner, ein bisserl fester, dafür aber umso temperamentvoller.“

Wäre also geklärt, warum der Turrini Turrini heißt und nicht Rex, Struppi, Fifi oder Waldi. Wobei er zum Wald sozusagen einen ganz besonderen Bezug hat. Der Turrini ist nämlich eine Art Jagdhund, weil er dem Jägermeister – also dem Schnaps – zugetan ist. Das war jetzt eine Anspielung auf dem Turrini sein Parade-Kunststück. Hat ihm der Leo Höllerer beigebracht:

„Das geht so: Der Leo bestellt einen Jägermeister und stellt ihn dem Turrini vor die Schnauze. Der klemmt das Flascherl zwischen die Vorderpfoten und kletzelt den Schraubverschluss mit den Zähnen auf. Dann schnappt er das Flascherl mit den Vorderzähnen und lässt den Jägermeister in seine Gurgel rinnen. Zum Schluss stellt er das Flascherl wieder ordentlich auf die Bar. Normalerweise sagt dann der Leo: ‚Bravo, Turrini!‘“

Wieso „normalerweise“? Was passiert denn hier, das normalerweise nicht passieren sollte? Das wird an dieser Stelle noch nicht verraten, aber so viel sei angedeutet: Auch am besten Hund geht die Zeit nicht spurlos vorüber, und irgendwann muss auch ein Jägermeister in die ewigen Jagdgründe eingehen …

Franz Friedrich Altmann: Turrinis Hirn.

 

 

Lust auf eine rasante und alkoholschwangere Verbrecherjagd vor der idyllischen Kulisse des Mühlviertels? Na dann wurde „Turrinis Hirn” quasi für dich geschrieben! Hol dir jetzt Gucki & Turrinis sechsten Fall und stürze dich in einen Kriminalfall, der alles ist, nur nicht konventionell.