Meister des „Dazwischen-Seins”: Joseph Zoderer wird 80
Foto: © Max Lautenschläger
Der wohl bekannteste Autor Südtirols feierte am 25.11.2015 seinen 80. Geburtstag und bekam zu diesem Anlass die Ehrenbürgerschaft der Stadt Meran überreicht.
In seinem über 40-jährigen Schaffen erhielt Joseph Zoderer zahlreiche Ehrungen und Preise für seinen literarischen Verdienst, wie den Hermann-Lenz-Preis und den Walther-von-der-Vogelweide-Literaturpreis. Auch die Verfilmung seines bekanntesten Werkes „Die Walsche“ wurde mit dem Preis der Confédération Internationale des Cinémas d’Art et d’Essai beim Filmfestival von Locarno und dem Fernsehpreis der Deutschen Akademie der Darstellenden Künste ausgezeichnet.
Joseph Zoderer und seine literarischen Texte stehen in einer engen persönlichen Verbindung mit dem Leben des Autors, der ein Meister darin ist, aus biografischem Material zu schöpfen, dieses dann aber in Erzählkunst zu verwandeln, in der die Entstehungsgeschichte keine Rolle mehr spielt.
In „Das Glück beim Händewaschen“, einem seiner ersten Romane, wird die Jugend des gebürtigen Meraners aufgearbeitet. Die Eltern, sowohl Zoderers als auch die des Protagonisten, verließen Südtirol zu Beginn des Zweiten Weltkrieges und lebten bis Kriegsende in Graz. Prägendes Erlebnis war der Besuch eines Schweizer Gymnasiums, in dem Disziplin und Schweigsamkeit eiserne Regeln waren. Rückblickend empfindet Joseph Zoderer die Striktheit des Internats allerdings als eine Vorbereitung für das Schreiben, das ebenfalls ein hohes Maß an Disziplin erfordert.
Beim Schreiben schöpft Joseph Zoderer oft aus seinem Leben und seinen Erfahrungen, so entstand auch das Werk „Das Schildkrötenfest“ aus den 20 Jahre alten Tagebüchern des Autors, in denen er seine Reise durch San Francisco, Santa Cruz und Mexiko dokumentierte.
Joseph Zoderer bezeichnet sich selbst als „deutschsprachigen Autor mit österreichischer kultureller Prägung und italienischem Pass“ – diese Selbstbezeichnung illustriert treffend seine Beziehung zu den für ihn fragilen und ständig in Auslotung begriffenen Konzepten von Heimat und Identität – eine sehr persönliche Thematik, die sich in seinen Werken widerspiegelt und dadurch die Person Joseph Zoderer zwischen den Zeilen seiner Texte immer wieder durchscheinen lässt.
Sowohl sein literarisches Schaffen als auch er selbst zeichnen sich durch ein „Dazwischen-sein“ aus – zwischen Kulturen, Identitäten, irgendwo zwischen Fremdheit und Heimat, zwischen der gelernten Disziplin beim Schreiben und dem Drang auszubrechen. Letzteres zeigt sich in den vielen Reisen des Autors – nach China, Amerika, Frankreich, Griechenland.
Am 24. März diesen Jahres wurde der erste Band seiner Werkausgabe im Brenner-Archiv präsentiert: „Dauerhaftes Morgenrot”. Im Rahmen der Werkausgabe werden die Romane, Erzählungen und Gedichte in Einzelbänden neu aufgelegt und durch Nachworte sowie zusätzliche Materialien aus dem Vorlass Joseph Zoderers ergänzt.