Über die Freundschaft zu seinem Protagonisten, Wienerlieder und Arthur Schnitzler: Stefan Slupetzky im Videointerview
Der Lemming droht sich in seinem neuen Fall in verschiedensten Netzen zu verwickeln: Im World Wide Web, mit dessen Gefahren er es zu tun bekommt, in den Verstrickungen korrupter Politiker, die nicht nur im Internet Fake News verbreiten, und in den feinen Fäden, die die Boulevardpresse spinnt, wenn sie mit haltlosen Behauptungen eine möglichst große Leserschaft einfangen möchte. Im Videointerview spricht Stefan Slupetzky über die Recherche zu seinem neuen Buch und das nicht immer einfache Verhältnis zu seinem Protagonisten. Einen Auszug könnt ihr hier nachlesen.
Demnächst erscheint der neue Lemming-Roman. Du bist Musiker. Was für einen Soundtrack würdest du für den Roman aussuchen?
Also ad hoc fällt mir ein: „Wacht auf, Verdammte dieser Erde“, wobei das jetzt nicht ein politisches Statement von mir ist, sondern weil es ja wirklich um die Verdammten dieser Erde geht, die sozusagen in ganz fürchterliche Situationen getrieben werden.
In deinem Buch spielen Dirty Campaigning und Hass im Netz eine Rolle. Musstest du als nicht sehr technikaffiner Mensch dafür viel recherchieren?
Ich recherchiere grundsätzlich nicht wahnsinnig gern. Wenn ich mich dazu durchringe, mich der Arbeit zu widmen, dann setze ich mich am liebsten hin und produziere Text. Die Recherche steht mir natürlich da immer im Weg, weil ich mich zuerst um die kümmern muss. In dem Fall habe ich es wirklich vermieden, zu sehr ins Technische zu gehen, bei diesem Themenkomplex, wenn es ums Internet geht etc., und habe versucht, einen Weg zu finden, das auf eine Ebene zu verlagern, die jeder auch einfachere Mensch – so wie ich – verstehen kann.
Der Lemming begleitet dich nun schon seit 2004. Inwiefern ist dir der Lemming ein Freund geworden?
Der Lemming und ich waren einander in den Anfangsjahren, glaub ich, sehr ähnlich. Ich mochte ihn sehr und ich glaub, er mochte mich auch ganz gern. Mit der Zeit haben wir begonnen, uns auf die Nerven zu gehen. Das ist auch für mich ein bisschen ein Grund gewesen dafür, dass der Polivka jetzt an seine Seite getreten ist. Weil der Polivka wieder andere Seiten hat, in denen ich mich auch wiedererkenne und die mir beim Lemming ein bisschen fehlen. Nämlich das Grantige, das doch auch manchmal Aufbrausende. Ja, insofern ergänzen sich die zwei auch ganz gut.
Ob Stefan Slupetzky Arthur Schnitzler oder Ödön von Horváth bevorzugt, wie er das Chaos in seinem Kopf ordnet und was in seinen Genen liegt, erfahrt ihr hier im Videointerview.
Stefan Slupetzky ist ein Sprachkünstler, der es versteht, mit viel Feinsinn Bilder entstehen zu lassen, die sich einprägen. Nichts ist schwarzweiß, jeder hat eine Geschichte, stets hat es einen Grund, warum einer da ist, wo er heute ist. Slupetzky schaut ganz genau hin, wenn er seine Figuren zeichnet, und so manche wird einem bekannt vorkommen. Da ist der kleine Bub, der es mit den Schulkollegen so schwer hat, dass ihn eine Aura der Traurigkeit umgibt, da ist der frühere Neonazi, der sich für seine Tätowierungen schämt. Da ist jener Lehrer, der einmal Idealist gewesen ist, bevor ihm die Realität den Antrieb genommen hat, und der ehemalige Polizist, der jetzt nachts im Tierpark arbeitet und erst mehrere rauschhafte Nächte braucht, bevor er seinem Freund Polivka das Du anbieten kann – der Lemming. Wer ihn noch nicht kennt, sollte ihn schleunigst kennenlernen, allen anderen wünschen wir ein fröhliches Wiedersehen! Hier geht’s zum Buch!